OGH 3Ob208/23v – Eventualmaxime im Oppositionsprozess

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext
 

Rechtsgebiet

Zivilrecht
 

Fachgebiet

Exekutionsrecht

Geschäftszahl

3Ob208/23v

Entscheidungsdatum

31.01.2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz-

-92, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]             1. Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.

[2]       In der Berufung stützte die Beklagte den von ihr geltend gemachten Verstoß gegen die Eventualmaxime nicht nur auf eine (der Rechtsrüge zuzuordnende) unzulässige pauschale Aufrechnungseinrede und damit auf eine untaugliche Einwendung der Klägerin, sondern auch auf eine unzulässige Berücksichtigung eines nachträglichen und damit verspäteten Vorbringens. Der Umstand, dass die Beklagte für ihre hier maßgebenden Ausführungen in der Berufung die Überschrift „ad B unrichtige rechtliche Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel“ wählte, ist unerheblich, weil die Falschbezeichnung eines Rechtsmittelgrundes nicht schadet, wenn die Rechtsmittelausführungen – wie hier – den jeweiligen Beschwerdegrund deutlich erkennen lassen (RS0041851; 4 Ob 135/19k).

[3]             2.1 Auch mit den sonstigen Ausführungen in der außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[4]       

[5]             2.2 In der Klage stützte die Klägerin die von ihr zur Aufrechnung gegen den betriebenen Anspruch herangezogenen Schadenersatzansprüche aus dem Liefervertrag „LAOS 3“ auf die Verzögerung des Projekts durch kreditschädigende Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten. Seit Herbst 2019 stehe dieses Projekt in der Abwicklung. Durch diese Verzögerung entgehe ihr ein Deckungsbeitrag von mindesten 508.000 EUR. Weiters habe sie 15 kleine Traktoren mit Anhängern (zum Preis von 369.700 EUR) gekauft, die zur Reduzierung des frustrierten Aufwands verkauft werden sollen, was aber schwierig sein werde.

[6]       Im Schriftsatz vom 22. 7. 2020 (ON 7) führte die Klägerin aus, dass der zugrunde liegende Liefervertrag im Mai 2018 unterfertigt worden sei. Der Finanzierungsvertrag mit den Finanzierungsbedingungen zwischen LAOS und Österreich (konkret der Kontrollbank) sei im April 2020 unterfertigt worden. Die „closing period“ zur Erfüllung der Finanzierungsbedingungen sei von der für die Finanzierung zuständigen Bank Austria bis 27. 7. 2020 verlängert worden. Sie habe frühestens im Herbst 2019 feststellen können, dass ein Schaden eingetreten sei.

[7]       In der Verhandlung vom 4. 9. 2020 (ON 11) brachte die Klägerin schließlich vor, dass das Projekt nach dem Ende der „closing period“ gestartet worden sei. Durch Mehraufwendungen zur Rettung des Projekts aufgrund der geschilderten Verzögerung sei ihr ein Schaden von 233.992,08 EUR entstanden, der sich aus dem Deckungsbeitragsentgang durch Reduzierung des Vertragswerts am 28. 2. 2020 (85.721,38 EUR), den Finanzierungskosten für die „Lagerung“ der Traktoren samt Anhängern vom 31. 10. 2018 bis 27. 7. 2020 (12.914,95 EUR) und den erhöhten Reisekosten und Gehaltsaufwendungen für ihre Monteure und Vertriebsmitarbeiter von August 2018 bis Juli 2020 (135.355,75 EUR) zusammensetze.

[8]             2.3 Die von der Klägerin zum entgangenen Deckungsbeitrag ins Treffen geführte Reduzierung des Vertragswerts erfolgte nach ihrem eigenen Vorbringen bereits am 28. 2. 2020 und damit vor Einbringung der Klage. Während die Klägerin in der Klage einen Verkauf der angeschafften Traktoren samt Anhängern behauptete, stützte sie sich in der Verhandlung vom 4. 9. 2020 auf zusätzliche Finanzierungskosten für deren Verwahrung ab 31. 10. 2018. Die geltend gemachten zusätzlichen Reise- und Gehaltskosten seit August 2018 waren bis zur Verhandlung vom 4. 9. 2020 nicht Thema des klägerischen Vorbringens.

[9]       Davon ausgehend ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin konkretes Vorbringen zu den geltend gemachten Schadenersatzbeträgen bereits früher möglich gewesen wäre und die erst in der Verhandlung vom 4. 9. 2020 erfolgte Aufschlüsselung ihres Schadens gegen die Eventualmaxime verstoße, weshalb die Oppositionsklage zur Gänze abzuweisen sei, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die „closing period“ hatte auf den Deckungsbeitrag durch die Reduzierung des Auftragsvolumens und die geltend gemachten zusätzlichen Kosten keinen Einfluss. Entgegen ihren Behauptungen hat sich die Klägerin von Anfang an auf eine Verzögerung der Projektabwicklung und nicht auf ein Scheitern des Projekts gestützt. Der zugrunde liegende Liefervertrag war auch schon längst, nämlich seit April 2018, abgeschlossen. Die zusätzlichen Kosten sind ab August/Oktober 2018 bis Juli 2020 entstanden. Beim Vorbringen in der Verhandlung vom 4. 9. 2020 handelte es sich somit nicht nur um präzisierende, sondern um neue Tatsachenbehauptungen, wobei die anspruchsbegründenden Umstände der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bekannt waren.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Textnummer

E140594

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00208.23V.0131.000

Im RIS seit

26.02.2024

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2024
 

Dokumentnummer

JJT_20240131_OGH0002_0030OB00208_23V0000_000